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Steidl Verlag

Tagesschau vom 19.10.97

Frankfurter Buchmesse

ZDF Bericht über die Verleihung

Deutsche Welle zum 70. Geburtstag

Offener Brief an Dr. Peter Hintze, CDU Generalsekretär
Peter Hausmann, Regierungssprecher
Alle Parteien des Deutschen Bundestages

Sehr geehrte Damen und Herren,

Anläßlich der Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels, griff Günter Grass in seiner Laudatio auf den türkischen Schriftsteller Yasar Kemal, die Bundesregierung wegen ihrer Asyl- und Türkeipolitik scharf an.

Die darauf geäußerten Reaktionen der Herren Hintze und Hausmann, empfinden wir als beleidigend und verunglimpfend. Wer von Günter Grass behauptet, er habe den intellektuellen Tiefstand erreicht und habe sich aus dem Kreis ernstzunehmender Literaten verabschiedet, weil er die deutsche Waffenpolitik anprangert, während zur gleichen Zeit ehemalige NVA Panzer auf türkischem Boden rollen und schießen, um gegen das eigene Volk Krieg zu führen, sollte darüber nachdenken, ob er sich nicht selbst aus dem Kreis rationaldenkender Menschen verabschiedet hat. Bilder die wir alle kennen, lassen sich weder wegreden noch aussitzen.

Keinesfalls können solche Äußerungen eine politische Diskussion ersetzen.

"Wir wurden und sind Mittäter. Wir duldeten ein so schnelles wie schmutziges Geschäft."
(G.Grass Rede v. 19.10.97/Frankfurt Paulskirche)

Der Hinweis von Herrn Hausmann auf die Lasten, die dem deutschen Staat aufgrund der Bürgerkriegsflüchtlinge zu tragen habe, ist sicher berechtigt, aber die "Lasten" wären deutlich geringer, wenn die Bundesregierung nicht zur Weiterführung dieser Konflikte, durch Waffenlieferungen oder politische Unterstützung, beitragen würde. Wir halten es für unmoralisch Arbeitsplätze gegen Menschenleben aufzurechnen.

"Ich schäme mich, meines zum bloßen Wirtschaftstandort verkommenen Landes, dessen Regierung todbringenden Handel zuläßt, und zu dem den verfolgten Kurden das Recht auf Asyl verweigert.
(G.Grass Rede v. 19.10.97/Frankfurt Paulskirche)

Wir wehren uns dagegen, Gegner in die Ecke zu stellen und zu diffamieren.

Das Grundprinzip eines demokratischen Staates beruht auf der Auseinandersetzung mit dem, der anderer Meinung ist. Nicht der Kritiker, der die Mißstände anklagt verliert seine Reputation, sondern der Verantwortliche, der nichts unternimmt.
Gäbe es mehr Politiker mit dem Format und der Zivilcourage eines Günter Grass, müßten solche Reden nicht gehalten werden.

Wir fordern hiermit Herrn Peter Hausmann und Herrn Dr. Peter Hintze auf, die Äußerung zurück zunehmen und sich bei Herrn Grass zu entschuldigen!!

Reutlingen den 21.10.1997

Thomas Weiß Ralf Decker

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Auszug aus der Laudatio von Günter Grass - 19.10.97 Frankfurt / Paulskirche

...

Spricht nicht der in Deutschland latente Fremdenhaß, bürokratisch verklausuliert, aus der Abschiebepraxis des gegenwärtigen Innenministers, dessen Härte bei rechtsradikalen Schlägerkolonnen ihr Echo findet? Über viertausend Flüchtlinge, aus der Türkei, Algerien, Nigeria, denen nichts Kriminelles nachgewiesen werden kann, sitzen in Abschiebelagern hinter Schloß und Riegel, Schüblinge werden sie auf neudeutsch genannt. - Es ist wohl so, daß wir alle untätige Zeugen einer abermaligen, diesmal demokratisch abgesicherten Barbarei sind.

...

Die türkische Republik darf durch die Fortsetzung dieses Krieges nicht als fluchbeladenes Land ins 21. Jahrhundert eintreten. Das Gewissen der Menschheit wird den Völkern der Türkei helfen diesen unmenschlichen Krieg zu beenden. Besonders die Völker der Länder, die dem türkischen Staat Waffen verkaufen müssen dazu beitragen. Dieser Appell, meine Damen und Herren, ist auch, und aus besonderem Grund, an die deutsche Adresse gerichtet.

Wer immer hier, versammelt in der Paulskirche, die Interessen der Regierung Kohl - Kinkel vertritt, weis, daß die Bundesrepublik Deutschland seit Jahren Waffenlieferungen, in die gegen ihr eigenes Volk einen Vernichtungskrieg führende türkische Republik, duldet.
Nach 1990, als uns die Gunst der Stunde die Möglichkeit einer deutschen Einigung öffnete, sind sogar Panzer und gepanzerte Fahrzeuge aus den Beständen der ehemaligen Volksarmee der DDR in dieses kriegführende Land geliefert worden.

So, wir wurden und sind Mittäter. Wir duldeten ein so schnelles wie schmutziges Geschäft.

Ich schäme mich meines zum bloßen Wirtschaftsstandort verkommenen Landes, dessen Regierung todbringenden Handel zuläßt, und zu dem den verfolgten Kurden das Recht auf Asyl verweigert!

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Protestbrief von Andreas Kindt an den Bundespräsidenten

Sehr geehrter Herr Bundes............. !

Ich möchte Ihnen eine kleine Geschichte erzählen:
Es lebte einst in Bromberg in Westpreußen, das damals zu Polen gehörte, eine junge deutsche Frau, sie hieß Johanna, mit ihrem deutschen Mann namens Max und ihren beiden kleinen 13 und 9 Jahre alten Töchtern Inge und Lilo zufrieden und in Wohlstand. Da überfielen die Deutschen die Polen. Die deutsche junge Frau mußte bald danach ihren deutschen Mann, der Christ war, verlassen und mit ihren beiden Töchtern aus ihrem Zuhause fliehen, denn sie war Jüdin. Bald ein Jahr lang wanderte sie so heimlich wie irgend möglich durch das Land, das jetzt alles Deutschland war, übernachtete in Scheunen, Gräben oder fand auch hier und da einmal mit ihren beiden Töchtern eine kurze Bleibe bei hilfreichen Mitmenschen.
Eines Tages ging es so nicht mehr weiter: Die junge Frau setzte Ihre beiden Töchter in einen Eisenbahnzug, der in die deutsche Hauptstadt Berlin fuhr. Dort angekommen, besorgte ihnen ein Verwandter von des Vaters Seite, ihr Onkel Erwin echte "falsche" Papiere. So konnten die beiden Mädchen den Krieg mitten in Deutschland überleben, die ältere als Haushaltshilfe in Berlin bei einem hohen Beamten, heute würde man sagen Staatsekretär, im deutschen Außenministerium, die jüngere in deutschen KLV-Lagern. Keiner in ihrer Umgebung wußte von ihrer wahren Identität. Die beiden Mädchen aber lebten jeden einzelnen dieser über 1.500 Tage in der Angst entdeckt zu werden.
Ihre Mutter aber, nachdem die beiden Mädchen nach Berlin abgefahren waren, wanderte weiter durch Deutschland, fast ein Jahr lang, bis sie die Grenze schweizerische Grenze erreichte. Mindestens einmal überwand sie die Grenze heimlich, wurde aber von den schweizerischen Grenzern gleich aufgegriffen und sofort zurückgeschickt. Bei einem weiteren Versuch des illegalen Grenzübertrittes wurde sie von den Deutschen verhaftet, von der Gestapo in einen Viehwaggon verladen nach Auschwitz verfrachtet, wo die Deutschen ihr den Tod gaben.
Soweit meine kleine Geschichte.
Das kleine Mädchen Inge ist meine Mutter, und ihre Mutter, die junge Frau Johanna, war also meine Großmutter, die ich nie kennenlernen durfte und konnte.
Im Gedenken an meine Großmutter Johanna und alle Ihre Verwandten, Onkels, Tanten, Nichten und Neffen, denen wie ihr in den Konzentrationslagern und Gettos von deutschen und ihren Gehilfen ein grauenvoller Tod besorgt wurde, sage auch ich:

*** Spricht nicht der in Deutschland latente Fremdenhaß, bürokratisch verklausuliert, aus der Abschiebepraxis des gegenwärtigen Innenministers, dessen Härte bei rechtsradikalen Schlägerkolonnen ihr Echo findet? Über viertausend Flüchtlinge, aus der Türkei, Algerien, Nigeria, denen nichts Kriminelles nachgewiesen werden kann, sitzen in Abschiebelagern hinter Schloß und Riegel, Schüblinge werden sie auf neudeutsch genannt. - Es ist wohl so, daß wir alle untätige Zeugen einer abermaligen, diesmal demokratisch abgesicherten Barbarei sind. ***

Jeder ...
*** weiß, daß die Bundesrepublik Deutschland seit Jahren Waffenlieferungen an die gegen ihr eigenes Volk einen Vernichtungskrieg führende Türkische Regierung duldet. Nach 1990, als uns die Gunst der Stunde die Möglichkeiten einer deutschen Einigung eröffnete, sind sogar Panzer und gepanzerte Fahrzeuge aus den Beständen der ehemaligen Volksarmee der DDR in dieses kriegführende Land geliefert worden. Wir wurden und sind Mittäter. Wir duldeten ein so schnelles wie schmutziges Geschäft.
Ich schäme mich meines zum bloßen Wirtschaftsstandort verkommenen Landes, dessen Regierung todbringenden Handel zuläßt und zudem den verfolgten Kurden das Recht auf Asyl verweigert.
***

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Kindt

Anmerkung:
Die zwischen *** gesetzten Worte sprach Günter Graß in seiner Laudatio anläßlich der Verleihung des Buchhandels-Friedenspreises 1997 an Yazar Kemal. Ich mache sie mir zu eigen.

  © Copyright Thomas Weiß Samstag, 22. November 1997 18:39:39
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