1.2 Beugungs - Kontrast (BK)

Wohl meine bisher erfolgreichste Idee im Bereich der Mikroskopie. Meine Schüler rüsteten daraufhin unsere Zeiss-Standard-Mikroskope auf BK um und fanden in vielen Experimenten die optimale Dicke der Konvergenzblende. 1999 wurden die Ergebnisse bei "Jugend forscht" Baden-Württemberg prämiert. Ebenfalls meine Schüler rüsteten die Olympus - Mikroskope des Landeschulzentrums für Umwelterziehung in Adelsheim erfolgreich um. Die große Nachfrage an Schulen zur Nachrüstung vorhandener Mikroskope auf BK bewog mich, 2001 ein entsprechendes Kleinunternehmen anzumelden (siehe Mikroskopie-Service).

Ausgangssituation der Erfindung sind die aus der Wellenoptik her bekannte Beugung des Lichtes am Spalt und die Beugung am Draht. Die in die obere Brennebene des Objektivs einzubringende Drahtblende muss so dünn sein, dass die Lichtwellen sie durch konvergente Beugung umlaufen und sich daraufhin in der Zwischenbildebene des Mikroskops wieder vereinigen können. Unterhalb des Kondensors wird eine Spaltblende angebracht, z.B. als drehbare Einlage in den Filterhalter. Sie sollte mit der Drahtblende kongruent sein.

In paralleler Position erhält man einen intensiven, dem zentralen Dunkelfeld ähnlichen Kontrast. Übrigens erkennt man seitlich vom Draht die Beugungsmuster. Dreht man die Spaltblende etwas schräg in Bezug zur Drahtblende, so erhält man einen zart modulierten Bildkontrast. In gekreuzter Stellung ist die Kontrastwirkung kaum mehr vorhanden, ähnlich dem halben Abblenden bei normaler Hellfeldmikroskopie. Bei der Spaltblende besteht nur geringer Aperturverlust, da die Objektivöffnung voll genutzt wird. Allerdings werden Details in Richtung des Spaltes etwas verzerrt.
 

 

 

 

 

 

Siebplatte aus Bastgefäßen einer Gurke, Objektiv 40x Drahtblende 0,5 mm; Kontrastwirkung entsprechend der Spaltblende

Als Kompromiss zwischen Spalt- und kreisförmiger Irisblende im Kondensor bietet sich eine elliptische und drehbare Blende an. Für einen Kondensor n.A. 0,95 errechnete ich unter Berücksichtigung einer noch zufrieden stellenden Diatomeen - Auflösung die beiden Radien der Ellipse: a = 1 mm und b = 6 mm. Die Ellipse wird z.B. in Word Art auf gezeichnet und auf Tonpapier gedruckt und ausgeschnitten. Anschließend ersetzt sie die Lamellen der Irisblende. Steht die Ellipsenblende parallel zur linearen Blende im Objektiv, so besteht Beugungskontrast. In senkrechter Position verdeckt die lineare Konvergenzblende den geringsten Anteil der Ellipsenblende, so dass Hellfeldbedingungen auftreten.
Eine Möglichkeit, die Irisblende des Kondensors zu erhalten, ist die Auftragung eines zentralen Scheibchens, z.B. als schwarzer Lackpunkt, auf eine zum Einlegen ins Objektiv entsprechend zugeschnittenen Overheadfolie. Durchmesser des Scheibchens siehe Tabelle Objektiv/Drahtdicke. Wellenoptisch spricht man nun von Beugung am Loch und am Kreisfleck.


Ellipsenblende, parallel

Ellipsenblende, quer

Zentrale Punktblende auf OHP - Folie

Als Kompromiss dieser beiden Möglichkeiten entwickelte ich gerade auch im Hinblick auf die Nachrüstung vorhandener Mikroskope die Kombination von relativ leicht mittig in die obere Brennebene des Objektivs einzubringender Drahtblende, z.B. als austauschbarer Drahtbügel, mit der Irisblende des Kondensors. Wellenoptisch handelt es sich also um die Kombination von divergenter Beugung am Loch mit konvergenter Beugung am Draht.  Ein mit UV-Kleber fest fixierter Draht oder ein schwarzer Diafilmstreifen hat sich als optimale Dauerlösung herausgestellt. UV-Kleber hat den Vorteil, dass er lösungsmittelfrei ist und so der Optik nicht infolge Dämpfe schadet.

Drahtbügel auf Scheibchen aufgeklebt: austauschbare Konvergenzblende; siehe Bauanleitung! Mittig quer eingeklebter Draht; Beugungsmuster bei geschlossener Blende Geschwärzter Diafilm, leicht in die obere Brennebene des Objektivs einzukleben
 

Phasenobjektiv 40x mit eingebauter BK-Blende; Blick durch das Hilfsmikroskop


Eine interessante Möglichkeit bietet sich für Phasenkontrast-Objektive: Durch zusätzliches Einbringen einer Konvergenzblende kann nicht nur wie bisher im Phasenkontrast oder Dunkelfeld, sondern zusätzlich im Beugungskontrast mikroskopiert werden. Das geschieht durch einfaches Umschalten von Phasenkontrast auf Hellfeld und entsprechendes Abblenden.

Alle bisher beschriebenen Möglichkeiten ergeben ähnliche Kontrastwirkung: Zarte, räumlich wirkende Helligkeitsunterschiede (ähnlich Interferenz-Kontrast, DIK) bis Dunkelfeld-Wirkung, je nachdem wie stark abgeblendet wird. Dabei wird die Eignung als normales Hellfeld-Objektiv nicht beeinträchtigt. Als Konvergenzblende sammelt eine ins Objektiv einzusenkende Drahtblende die durch Abblenden der Leuchtfeld- oder der Kondensorblende bewirkten Beugungsmuster und bringt sie zur Interferenz. Die durch das unterschiedlich dichte Präparat hervorgerufenen Laufzeitdifferenzen werden in  hell - dunkel - Unterschiede umgesetzt. Die sehr dünn gehaltene Konvergenzblende verringert das Auflösungsvermögen zumindest nicht mehr als beispielsweise der Phasenkontrast. Im Gegensatz zum abgeblendeten Hellfeld tritt durch Interferenz sogar eine Bildschärfung ein (siehe erste Abb.). Anzuwenden für alle Objektive eines Mikroskops! Die besten Ergebnisse sind von Objektiv 25x aufwärts zu erwarten.

Objektiv Drahtdicke Konvergenzblende im Objektiv

Konvergenzblende im Objektiv, Zentrierung mittig, 4- 5 mm über der oberen Objektivlinse bei Objektiv 40x; Fixierung z.B. mit 2- Komponentenkleber. Am besten eignet sich matt-dunkel oxidierter Blumendraht. 

2,5 - 3,2x 2mm
10x 1mm
25x 0,7mm
40x 0,5mm
65 - 80x 0,2mm
100x 0,1mm
allgemein D=0,2 / n.A. D = Drahtdicke; n.A. = numerische Apertur, ablesbar am Objektiv neben der Vergrößerung.

 

Theorie des BK: In der Zeitschrift MIKROKOSMOS wurde in den letzten Jahren einige Male über meine Erfindung berichtet. Darin findet man auch eine ausführliche Erklärung. In der Folge eine gekürzte Fassung davon.

Beugungsschema Der Lichtkegel (1) wird stark abgeblendet. Dadurch wird Beugung am engen Spalt (2) hervorgerufen. Die erzeugten Sekundärwellen erfahren je nach Dichte des Präparats (3) unterschiedliche Laufzeitverzögerungen. Je nach Laufzeitdifferenz ergibt Beugung um die Drahtblende (4) Aufhellung oder Abdunkelung beim Vereinigen der Sekundärwellen. Im mikroskopischen Bild (5) beobachtet man eine dem Abblenden proportionale Kontrastierung. Beugungsmuster am Draht, sichtbar wenn man einen dünnen Draht nahe ans Auge hält und so z.B. liest. Zumindest erfolgt eine Zunahme der Bildschärfe. 
Sekundärwellen an einem engen Spalt. Je nach der Phasenverschiebung zweier  Wellen ergibt sich ein Maximum (hell) oder ein Minimum (dunkel).
 

Beugungsmuster an einem engen Spalt, sichtbar wenn man z.B. durch einen engen Fingerspalt gegen das helle Fenster blickt.

 

Bauanleitung Drahtbügel

Material: Objektiv 40x, Holz-Zahnstocher, Lineal, geschwärzter oder lackierter Blumendraht 0,5 mm dick, Pinzette, feine Zange, 2- Komponentenkleber
Durchführung:

Mit dem Zahnstocher wird die Tiefe vom oberen Rand des Objektivs bis zur oberen Linse vorsichtig ertastet und mit dem Lineal am Zahnstocher gemessen. Davon werden 4 - 5 mm abgezogen. (Bei Objektiv 10x beträgt der Abstand  von der oberen Linse des Objektivs    8 - 10 mm). Dann misst man den Durchmesser der (oberen) Objektivöffnung. Entsprechend der obigen Abbildung des Objektivs wird ein Drahtbügel geformt, in das Objektiv abgesenkt und oben festgeklebt. Dabei kann je nach Bauweise des Objektivs variiert werden. Nach Erhärten des Klebers wird die Drahtblende mit Hilfe des Zahnstochers zentriert. Nach Einschrauben des Objektivs und Herausnahme des Okulars erkennt man im Okulartubus, ob die Drahtblende zentriert ist, notfalls wiederholen.
Aufgaben:
a) Es werden mit dem umgerüsteten Objektiv Phasenobjekte (siehe Bildbeispiele) mikroskopiert; bei offener, mäßig und maximal geschlossener Blende des Kondensors.
b) Wiederholung, jedoch mit unterschiedlicher Öffnung der Leuchtfeldblende.
c) Wiederholung, jedoch durch Absenken des Kondensors.

Weitere Informationen zum Beugungs - Kontrast finden Sie in in der Zeitschrift Mikrokosmos, Heft.1/1999 und Heft 5/1999

Vergleichende Aufnahmen am Institut für angewandte Forschung an der Fachhochschule Reutlingen an einem Mikroskop Zeiss Axioplan ergaben, dass von der Bildwirkung her zwischen differentiellem Interferenzkontrast (DIK) und dem Beugungskontrast kaum Unterschiede feststellbar sind, weshalb diese Erfindung als "Highlight" bezeichnet werden kann.

Querschnitt Flechte DIK
Querschnitt Flechte, Objektiv Neofluar 40x, DIK

Querschnitt Flechte BK
Querschnitt Flechte, Objektiv Neofluar 40x, BK

Querschnitt Kokosfaser DIK
Querschnitt Kokosfaser, Objektiv Neofluar 40x, DIK

Querschnitt Kokosfaser BK
Querschnitt Kokosfaser, Objektiv Neofluar 40x, BK

 

Beispiele für BK

(Zur Großansicht auf das Bild clicken)!
 

Pantoffeltierchen, Objektiv 20x

 

Eucampia (Kieselalge, Nordsee)
Eucampia (Kieselalge, Nordsee), Obj. 40x
Kristallwachstum von Kochsalz
Kristallwachstum von Kochsalz, Objektiv 10x

Gyrosigma Obj. 40x, Hellfeld

Gyrosigma Obj. 40x, Dunkelfeld

Gyrosigma Obj. 40x, Phasenkontrast

Gyrosigma Obj. 40x, Beugungskontrast

Bei den Mikroskopietagen 2003 in Hagen wurde beanstandet, dass der Beugungskontrast noch nicht im Diatomeentest überprüft wurde. Deshalb die obigen vergleichenden Bilder. Im starken BK geht etwas mehr an Auflösung verloren wie im Ph. Allerdings sollte man ja nur schwach abblenden und zart kontrastieren; diese beliebig regelbare Kontrastwirkung ist ja der Vorteil des BK! Jeder Eingriff in den Strahlengang verursacht einen gewissen Aperturverlust , was jedoch durch den Gewinn an Kontrast ausgeglichen wird. Vergleichen und urteilen Sie selbst!
 

Milchsäurebakterien in Joghurt; Objektiv PH40x
Milchsäurebakterien in Joghurt; Objektiv PH40x

Milchsäurebakterien in Joghurt; Objektiv PH40x, Dunkelfeld, Überstrahlungen
Milchsäurebakterien in Joghurt; Objektiv PH40x, Dunkelfeld, Überstrahlungen
Milchsäurebakterien in Joghurt; Objektiv PH40x, Beugungskontrast
Milchsäurebakterien in Joghurt; Objektiv PH40x, Beugungskontrast

Flechte, Quetschpräparat

Binse, Querschnitt

Wolle

Leberzellen, ausgewaschen

Seerüsselkrebs, Bodensee

Raedertiere, Adelsheim

Glockentiere, Federsee

Radiolarie, Malediven

Noctiluca, Helgoland

Weitergehende Informationen zum Beugungskontrast finden Sie in der folgenden MS Powerpoint Präsentation:

Präsentation zum Beugungskontrast

 

Meine Bitte an Mikroskop-Hersteller, Service-Unternehmen und Händler:

Bis Ende 2003 habe ich für Kunden an 127 Mikroskopen die Objektive 10x und 40x auf Beugungskontrast umgerüstet. Hinzu kommen 5 Objektive 100x und 35 Objektive 16x bis 20x. Bisher gab es nur positive Rückmeldungen der Kunden. Auch fand mein Vortrag an den Hagener Mikroskopietagen 2003 großen Anklang. Um so mehr ist zu bedauern, dass diese Erfindung von Herstellern nur zögernd zur Kenntnis genommen wird. Dabei sollte bedacht werden, dass durch Nachrüsten vorhandener Objektive der große Pool der Schulen, Hochschulen und Hobbymikroskopiker erschlossen werden kann. Auch könnten spezielle BK-Objektive oder vollständige Mikroskope mit BK angeboten werden.

Ich würde mich sehr freuen, wenn auch Sie diese Kontrastmethode übernehmen:

  1. Für bereits vorhandene Mikroskope empfehle ich zum nachträglichen Einbau in die Objektive einer linearen Blende aus Draht oder geschwärztem Film.
  2. Für neue Mikroskope mit Kondensor und Irisblende empfiehlt sich direkt vom Hersteller außer Vorschlag 1 auch eine zentrale Scheibchenblende auf einem Glasplättchen. Preiswerte Mikroskope könnten mit einer im Objekttisch fest eingefügten Sammellinse und einer darunter befindlichen drehbaren Ellipsenblende ausgestattet werden.


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